An dieser Stelle möchten wir keine Veranstaltung bewerben, sondern uns mit den Freund*innen vom “Nordpol e.V.” solidarisieren, in dessen Räumlichkeiten in der Münsterstraße wir seit vielen Jahren unsere Abende mit dem Antifa Café veranstalten – den letzten aufgrund der Pandemie im März.
Die Münsterstraße soll auf Anregung der Dortmunder Polizei bald dauerhaft mit Überwachungskameras ausgestattet werden und drei davon in unmittelbarer Nähe vom Nordpol.
Was das alles mit Rassismus und Repression gegen linke Räume zu tun hat und warum wir das scheiße finden, könnt ihr im Statement vom Nordpol lesen, das wir im folgenden teilen und dem wir uns bedingungslos anschließen.
Sie meinen uns alle! – Keine Überwachung von linker Kultur und antifaschistischen Engagements!
Die Polizei Dortmund hat diese Woche in einer Pressekonferenz erklärt, dass die Überwachung der Münsterstraße bald starten soll.Der Nordpol ist davon nicht nur abstrakt betroffen, sondern explizit mit gemeint. Drei hochauflösende Kameras sollen in Zukunft alles aufzeichnen, was vor, und wahrscheinlich auch, was in dem Laden passiert. Wir unterstützen die Initiative gegen die Kameraüberwachung und werden auch selbst juristisch gegen die polizeiliche Überwachung vorgehen.
Im Sommer war vor dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen Klage gegen die Überwachung eingereicht worden. In der Akte dazu findet sich folgende Einschätzung der Polizei:
„Als problematisch hat sich das Cafe Nordpol (Hausnummer 99) […] erwiesen. Die Besucher sind nicht nur generell aufgrund ihrer ideologischen Prägung ablehnend gegenüber der Polizei, sondern stören zum Teil aktiv die in diesem Bereich durchgeführten Kontrollen der dort agierenden Drogendealer sowie strafverfolgende Maßnahmen gegen diese Klientel.“
Aus den Planungsdokumenten der Polizei Dortmund zur Videoüberwachung vom 27.08.2020
Grund für die Überwachung ist also, dass die Besucher:innen des Nordpol der Polizei kritisch gegenüber stehen und das Racial Profiling, das sie dort täglich selbst beobachten können (alle nicht-Weißen sind durch ihre Anwesenheit automatisch „Drogendealer“), nicht kommentarlos hinnehmen.
Die linke Szene in Deutschland kennt spätestens seit den 70er Jahren den paranoiden Sicherheitsstaat, aber die antifaschistischen und linken Subkultur dauerhaft bei ihren Zusammenkünften, Feiern und Veranstaltungen überwachen zu lassen, das hat sich bisher nicht mal ein sächsischer Innenminister getraut.Dieser Angriff auf eine unbequeme, weil antifaschistische Kultur ist das Resulat einer neoliberal-neokonservativen Politik und ein Ausblick auf die Zukunft in NRW und der BRD mit ihren neuen Polizeigesetzen, die diese Formen der Gängelung und Einschüchterung ermöglichen.
Der Auszug aus der Akte zeigt auch, dass Polizeikritik notwendig ist. Wir befinden uns in einer Zeit, in der es „Einzelfälle“ rechter Strukturen in Polizeistationen hagelt, stereotype und stigmatisierende Bilder von „Clans“ und „der Nordstadt“ an Polizeihochschulen gelehrt werden, und der NRW-Innenminister sich bei Großrazzien in Shishabars gegen „Clankriminalität“ als hart durchgreifender Retter der rechtschaffenden Bürger:innen inszeniert (der deutschen, versteht sich). Während gleichzeitig Polizeigewerkschaften und konservative Parteien unisono einfordern, den Sicherheitsbehörden bedingungslos den Rücken zu stärken. Diese undemokratischen Tendenzen kritisieren wir, jedes Mal, wenn Personen in der Münsterstraße nur auf Grund ihrer Hautfarbe oder ihres „verdächtigen Verhaltens“ kontrolliert und als „Klientel mit zweifelhaftem Ruf“ drangsaliert werden.
Natürlich kennen auch wir die Probleme der Nordstadt und der Münsterstraße aus eigenen Erfahrungen: Es gibt Armut, es gibt Gewalt, es gibt Kriminalität. Zu den Problemen gehört aber auch die Polizei, die mit Ordnungspolitik und Disziplinarmaßnahmen versucht, Versprechen von Sicherheit einzulösen, die es in der neoliberalen Gesellschaft niemals geben kann. Seit bald sieben Jahren stehen der Nordpol und viele andere Initiativen für eine andere, solidarische Nordstadt: Wir organisieren Veranstaltungen, bieten Cafes und Beratungsgespräche, Konzerte und Parties. Unser Anspruch dabei ist offen zu sein für die Vielfalt der Menschen, bei Problemen zu helfen und gleichzeitig der Ordnungspolitik mit ihren immer gleichen „Eisernen Besen“, die die Nordstadt seit Jahrzehnten quälen, etwas entgegen zu setzen.